Ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen, die in Deutschland Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung werden, wird nicht erkannt und erhält daher keine Hilfe. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Menschenrechte in seiner aktuellen Studie „Durchs Raster gefallen? Kinder und Jugendliche als Betroffene von Menschenhandel in Deutschland“.
Laut Naile Tanis, Leiterin der Berichterstattungsstelle Menschenhandel des Instituts, zeigt sich, dass selbst in einem wohlhabenden Land wie Deutschland täglich Kinder und Jugendliche in unterschiedlichen Formen ausgebeutet werden – etwa durch sexuelle Handlungen, Zwang zu kriminellen Aktivitäten wie Drogenhandel oder Bettelei sowie durch ausbeuterische Arbeit. Besonders gefährdet seien minderjährige Geflüchtete. Um diesen gravierenden Menschenrechtsverletzungen entgegenzuwirken, müsse sichergestellt werden, dass Betroffene frühzeitig erkannt und wirksam geschützt werden.
Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe mangele es jedoch an spezialisierten Strukturen und ausreichend geschultem Personal. Tanis betont, dass alle Bundesländer spezialisierte Beratungsstellen für betroffene Kinder und Jugendliche einrichten sollten. Diese Einrichtungen könnten sowohl die Betroffenen selbst begleiten als auch Mitarbeitende in Jugendämtern und anderen Institutionen der Jugendhilfe fachlich unterstützen und schulen, um Menschenhandel und Ausbeutung als Gefährdung des Kindeswohls besser zu erkennen und angemessen zu reagieren.
Darüber hinaus seien verbindliche Absprachen zwischen allen relevanten Akteuren erforderlich – von Ermittlungsbehörden bis zu Jugendämtern. Das Institut spricht sich daher für die Einrichtung zentraler Koordinierungsstellen für Menschenhandel auf Landesebene aus. Diese sollten auch für Minderjährige zuständig sein und klare Verfahren für Schutz, Identifizierung und Betreuung der Betroffenen entwickeln und umsetzen.
Deutschland ist durch mehrere internationale Abkommen, darunter die Europaratskonvention gegen Menschenhandel, die EU-Richtlinien von 2011 und 2024 sowie die UN-Kinderrechtskonvention, rechtlich verpflichtet, betroffene Kinder und Jugendliche zu schützen und zu unterstützen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Deutsches Institut für Menschenrechte/Veröffentlicht am 15.10.2025