Vietnam in einem Zug

Dienstag, 13. Oktober 2015 | 14.45 – 15.30 3sat

Länder – Menschen – Abenteuer. Eine Reise mit den „Moritzburgern“. Ein Film von Rita Knobel-Ulrich

1.700 Kilometer lang ist die Strecke von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-Stadt (früher: Saigon). 40 Stunden braucht der Zug dafür. Die Vietnamesen nennen ihn den „Wiedervereinigungsexpress“.

In Vietnam ist Zugfahren Handarbeit. Bild: PHOENIX/NDR

In Vietnam ist Zugfahren Handarbeit.

In Hanoi ist Tran Duong eingestiegen, ein älterer Herr. Eingeklemmt zwischen den Gemüsekörben mitreisender Bauern, erklärt er mit leicht sächsischem Akzent: „Ohne deutsche Kultur kann ich nicht leben.“ Während der Fahrt durch Reisfelder, entlang des blauen Meeres, vorbei an grauen Bergen deklamiert er Goethe-Gedichte. Einst hat er für die Honeckers übersetzt, und noch immer arbeitet er als Dolmetscher für deutsche Besucher.

Die zierliche Dame neben ihm ist etwa gleichaltrig. Während des Vietnamkrieges war sie Funkerin. Ihre Elektrotechnik-Ausbildung hat sie als junges Mädchen in Dresden gemacht. Lesen und schreiben lernte sie im benachbarten Moritzburg. Dort ist auch Tran Duongs Liebe zur deutschen Poesie ist erwacht. Die beiden Reisenden sind unterwegs nach Ho-Chi-Minh-Stadt, zu einem Treffen mit anderen „Moritzburgern“.

Vor mehr als 50 Jahren hatten Dresden und die kleine sächsische Gemeinde Moritzburg rund 350 vietnamesische Kinder verdienter Kämpfer gegen die französische Kolonialherrschaft aufgenommen und ihnen eine Schul- und Berufsausbildung ermöglicht. Aktivität, Fleiß und Arbeitseifer seien hier in ihnen geweckt worden, sagen sie heute. Fast alle haben in Vietnam Karriere gemacht.

Der Zug hält in der alten Kaiserstadt Huê. Die Pensionen am Fluss werden oft von Managern geführt, die gut Deutsch sprechen, denn sie haben in der DDR studiert. Auch Englisch ist gefragt: Viele ehemalige GIs kommen auf Nostalgie-Tour, wollen wissen, was die Vietnamesen heute von Amerika halten.

40 Kilometer vor Ho-Chi-Minh-Stadt befinden sich die kilometerlangen Tunnelsysteme von Cu Chi. Heute kriechen ergraute Partisanen zusammen mit Kriegsveteranen aus den USA durch die – inzwischen verbreiterten – Tunnel. Die Fahrt endet im Bahnhof von Ho-Chi-Minh-Stadt. Auf dem Bahnhofsschild steht Saigon – Pragmatismus auf Vietnamesisch. Es ist heißer, lauter, voller als in Hanoi: Shoppingcenter, Banken, eine Skyline wie überall auf der Welt. Doch neben der Cola-Werbung hängen politische Parolen. Oben weht die rote Fahne, unten tobt das Business. Die Vietnamesen kriegen das alles unter einen Hut – lächelnd versteht sich.

Bild: PHOENIX/NDR

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4 Antworten

  1. Ich konnte diesen Bericht auch Ende Oktober nicht sehen, leider. Ich hatte mit einem der „Moritzburger“ Vietnamesen eine recht lange Brieffreudschaft und wir kannten uns von Begegnungen in Sayda im Erzgebirge.
    Leider ist diese Freundschaft abgebrochen.
    Frage: Ist bei der Erstellung der Dokumentation auch eine Namens- und Adreßliste dieser Personen vorhanden? Ich hätte ein großes Interesse diese zu bekommen. (Name: Nguyen van Khanh wäre der gesuchte)

    Gunter Neubert

  2. Helga Müller sagt:

    Bitte-kann mir jemand Auskunft geben?Wo kann man die DVD zu diesem Film kaufen?
    Kommt der Film noch einmal im Fernsehen?

    • erich rothenbühler sagt:

      Hallo Helga

      Ich habe diesen Film auf DVD aufgenommen. Ich könnte Dir diesen Film per email zusenden. Allerdings dauert dies noch etwa 2 Wochen. Zur Zeit
      habe ich auf meinem PC noch kein Programm installiert, auf dem die DVD`s, die ich mit meinem Sony Rekorder aufgenommen habe, abspielen bzw. speichern kann. Da ich seit 21 Jahren nach Thailand reise, ich besitze dort mit meiner Freundin 2 Häuser, kann aber kein Geld verdienen, interessiere ich mich auch für Vietnam, Laos, Kambodscha und Myanmar.
      Von Vietnam selber habe ich ungefähr 15 verschiedene Dokumentationen.

      Wenn Du also Interesse hast, melde dich doch einfach bei mir.

      Mit freundlichem Gruss Erich

      rothenblereric127@gmail.com

      (Ich lebe übrigens zur Zeit wieder in der Schweiz)

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