Kein Fleckenwasser für Leoparden


Kein Fleckenwasser für Leoparden - Katrin Okumafi Buchtipp: Katrin Okumafi – Kein Fleckenwasser für Leoparden
328 Seiten, Paperback

Mit einem Touristenvisum und der Hoffnung, im fremden Land ein Studium absolvieren zu können, bricht der junge nigerianische Betriebswirt Okoro Osazuwa Anfang der Neunziger Jahre von Lagos nach Deutschland auf. Eine böse Überraschung erlebt er, als er erfährt, dass er mit seinem Visum nicht studieren, sondern nur Asyl beantragen kann. Nach einem Jahr unter dem drohenden Damoklesschwert der Ausweisung erhält er eine vorläufige Duldung.

Er lernt in Heidelberg Sonja kennen und die Beiden verlieben sich. Die etwas schnodderige Sichtweise Sonjas durchzieht das Buch in Form von eingeschobenen Tagebuchnotizen. Okoro versucht deutscher Gefühlskälte und Ignoranz der Umgebung mit afrikanischer Lebensfreude und Ironie zu begegnen.

Nach drei Jahren reist er erstmals wieder in die Heimat, um in Lagos einen Handel mit Gebrauchtwagen aufzuziehen. Das Vorhaben scheitert am lokalen Chaos, an Ineffizienz und Korruption. Sonja bekommt einen Arbeitsvertrag in Bonn, und er folgt ihr nach, als er den Führerschein bestanden hat.

Entnervt von deutscher Bürokratie heiraten Gabi und Okoro in Nigeria. Mehr und mehr betrachtet er seine eigene Kultur mit Distanz und hinterfragt gleichzeitig die deutsche. Spätestens als sein eigener Bruder bei einem Autounfall stirbt und dessen Witwe zwecks Suche des Schuldigen der Hexenprobe unterzogen wird, resigniert Okoro in seinem Bemühen um aufgeklärtes Denken bei seiner Sippe. In der Not greift er jedoch selbst wieder zu abergläubischen Praktiken. Und Sonja erhält trotz Einsatzes afrikanischer Zaubermittel keinen unbefristeten Arbeitsplatz.

Okoro besucht mit Sonja die Oper, joggt am Rhein und versucht seine Frau vergeblich zu überreden, das ganze Jahr über Weihnachtsstollen zu backen. Sein Bedürfnis nach Kontakt zu anderen Afrikanern bringt seine Einbürgerung in Gefahr, nachdem ein ehemaliger Mitschüler, den er bei Aldi in Bonn getroffen hatte, als übler Menschenhändler verhaftet und vor Gericht gestellt wird…

Das Glück über seinen deutschen Pass ist nur von kurzer Dauer, denn er vereinfacht nur behördliche Prozeduren, verschafft ihm aber nicht die ersehnte Anerkennung. Mobbing bei der Arbeit bringt ihn zunehmend in Bedrängnis. Er flüchtet sich vor drohender Depression in seinen afrikanischen Klüngel. Sein Seelenfrieden wird abhängig von der Hilfe und Beratung von afrikanischen Asylbewerbern, in deren Augen er jemand ist, der es geschafft hat. Seine Unterstützung geht so weit, dass er die Vaterschaft über drei Kinder einer angeblichen Nichte hinter dem Rücken seiner Frau anerkennt und damit seine Ehe aufs Spiel setzt.

Der einfühlsame Roman von Katrin Okumafi gibt einen Einblick in die Denk- und Verhaltensweisen jener Menschen, die aus unterschiedlichen Motiven ein neues Leben fernab ihrer Heimat beginnen möchten. Okumafi gelingt es fabelhaft, die Sicht der Betroffenen aufzuzeigen und jene Barrieren und Vorturteile zu benennen, die sich beidseitig und – leider inzwischen auch zunehmend – gesellschaftlich verwurzelt manifestieren.

Kein Fleckenwasser für Leoparden, Katrin Okumafi
328 Seiten, Paperback
Greifenverlag zu Rudolstadt und Berlin eG
ISBN 978-3-86939-404-6

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